Keine Freiheit ohne Freiraum

Mittwoch, 1. Oktober 2014 00:00

Was jetzt folgt, ist sicherlich ein wenig dick aufgetragen. Aber den folgenden Gedanken halte ich für bedeutend:

"Politische Meinungsbildung benötigt Frei - Raum".

Einmal mit der Recherche angefangen, gibt es in der Geschichte sehr viele Beispiele, die das belegen. Meine Beispiele beginnen und enden natürlich - und ich gebe gerne zu nicht ganz befreit von lokalem Patriotismus - in Berlin.

Diese Plätze waren quasi die räumliche Voraussetzung und Bühne für die Meinungsäusserung bis hin zur Revolution.

Ich habe insbesondere die öffentliche Debatte zum Tempelhofer Feld als ein grosses Geschenk empfunden. Hier hätte Planung auch Kontrolle bedeuten können. Aus dieser Perspektive betrachtet kann der erfolgreiche Volksentscheid von 2014, der sich gegen jegliche Bebauung gewandt hat, durchaus auch als Votum für Freiheit - mit zartem revolutionärem Hauch - gewertet werden.

Berlin 1848 Schlossplatz, Aufstand gegen die repressive Herrschaft der Hohenzollern 

Peking 1989 Platz des Himmlischen Friedens, Demonstration für Demokratie

Prag 1989 Wenzelsplatz, Aufstand gegen die kommunistische Regierung

 Kiew 1994 Maidan, Oppositionsbündnis für eine Wahlwiederholung

Teheran 2009 Azadi Platz, Aufstand gegen den Wahlbetrug bei der Präsidentschaftswahl

Tunis 2011 Avenue Habib Bourguiba, Sturz des Ben Ali - Regimes

Kairo 2011 Tahrir Platz, Sturz des Mubarak - Regimes

Berlin 2014 Tempelhofer Feld, Volksentscheid gegen die Bebauungspläne des Senats

Den Wert von öffentlichen Freiraum habe ich 2012 auch in einem anderen Zusammenhang während meiner Reise nach Kabul, Afghanistan, deutlich vor Augen geführt bekommen.

Dort ist er praktisch nicht vorhanden. Die Geschlossenheit dieser Gesellschaft ist auch anhand der traditionellen Bauweise erkennbar. Privater Wohnraum wird meistens als von Mauern umgebene Bebauung mit Innenhof realisiert. Das Luftbild der Altstadt von Timbuktu zeigt das besonders deutlich. Die Kommunikation findet weitgehend innerhalb der Familie statt. Öffentlicher Freiraum für Kommunikation in Form von Parks oder Plätzen ist praktisch nicht existent.

Das bedeute aber nicht, dass es in diesem Land keinen Bedarf geben würde.

Dort wo Freiraum realisiert wird (Beispiel: Barbour Garten, am östlichen Stadtrand von Kabul) besitzt dieser eine enorme Bedeutung und wird intensiv genutzt.