Stadtschloss Berlin "Das Haus ist fertig, welcher Stil soll dran?"

Donnerstag, 9. Juli 2015 00:00

Im Juli 2015 ist der Rohbau des Stadtschlosses weitgehend abgeschlossen. Dabei handelt es sich einen reinen Betonkern. Die Dekorationselemente werden erst im nächsten Schritt montiert.

Dabei kam mir sofort eine Vorlesung aus dem Studium in den Sinn, in der uns der von mir hoch geschätzte Prof. Johannes Küchler erklärte, wie es sich mit den Stil - Elementen an den Fassaden der Berliner Mietskasernen aus der Gründerzeit verhielt.

Im Prinzip waren das alles die gleichen, hoch effizient und nach festen Regeln errichteten Backstein - Bauten. Erst zum Ende der Bauzeit fragte der Baumeister den Bauherrn: "Das Haus ist fertig, welcher Stil soll dran?"

Verstehen Sie, was ich meine? Als erklärter Gegner des Stadt - Schlosses fühle ich mich durch den Anblick der Stahlbeton - Fassade bestätigt. Hier wird keine Architektur sondern Disney - World errichtet. In der Gründerzeit war das nicht anders.

Wenn Sie mögen, können Sie mich gerne zu einem kurzen Exkurs zur "Berliner Mietskaserne" begleiten: Es handelt sich dabei nämlich um eine Bebauungsart, die ab ca. 1880 nach festen Regeln in grossen Städten wie Berlin, Hamburg oder Wien realisiert wurde und ein definierter städtebaulicher Begriff ist.

Die Berliner Zeitung vom 05.07.2015 schreibt: "Nirgendwo kann man in kompakter, lebendiger Form lernen, wie das steinerne Berlin konzipiert wurde, wie vorteilhaft die viel gescholtene Berliner Mietskaserne mit ihrer Mischung aus feinen Leuten im Vorderhaus und den Proleten unterm Dach und in den Hinterhäusern auf das (Anmerkung Garbe: „soziale“) Stadtklima wirkte. Arm und Reich sahen einander täglich, anders als in London, wo soziale Apartheid stadtplanerischer Grundsatz war."

Diese Formulierungen sind sicherlich ein wenig übertrieben und romantisieren die seinerzeit zweifellos prekären Wohnverhältnisse. 

Gehen Sie mal davon aus, dass das Leben in den Mietskasernen in dieser Zeit nicht lustig gewesen ist.

Die Bevölkerungsdichte zählte damals mit bis zu 30.000 Einwohnern / Quadratkilometer zu den höchsten der Welt. Der Bezirk Prenzlauer Berg ist selbst heute noch mit im Mittel 14.307 (im Bereich Hemholtzplatz 25.000) Einwohnern / Quadratkilometer extrem dicht besiedelt.

Dichte und Durchmischung sind aber in der Gegenwart die entscheidenden Parameter, die für ein positives und urbanes Lebensgefühl sorgen können, sofern ein adäquater Lebensstandard existiert.

Der Zwang zum einander Aushalten ist aus meiner Sicht Grundlage für jede Lebensgemeinschaft, ohne die Demokratie nicht funktionieren kann.